Husuma

2. März 2013

Veolia-Prozess vertagt


Im heutigen Prozess „Veolia gegen Antimilitarist_innen“ vor dem Husumer Amtsgericht kam es noch nicht zu einem Urteil. Die Entscheidung des Gerichts wird am 21.3. verkündet. Wahrscheinlich wird es zum Verkündungstermin keine Mobilisierung geben.

Schadenserstazforderung der Veolia-Gruppe
Hintergrund des Prozesses war eine antimilitaristische Ankettaktion aus dem Februar 2008. Damals hatte ein Transportzug der Bundeswehr seine Fahrt für mehrere Stunden unterbrechen müssen, weil sich durch eine Ankettaktion und eine Sitzblockade die Weiterfahrt verzögerte. In den bisherigen Verfahren stand die angekettete Aktivistin vor Gericht, die bereits zu 90 Tagessätzen Geldstrafe und 14.000 Euro Schadenersatz an die Bahn (DB Netz) verurteilt wurde. Im heutigen Verfahren ging es um eine Schadenersatzforderung von Veolia, bzw. der Nordostseebahn (NOB), gegen alle vier beteiligten Aktivist_innen. (Veolia hatte ihre Schadensersatzforderungen zurückgezogen und die Rechte an die NOB übertragen.) Bei der Aktion waren mehrere Züge der NOB ausgefallen . Die Aktivist_innen sollen nun die Kosten von 1072 Euro für Schienenersatzverkehr und angebliche Trassennutzung tragen.

„Wer hat hier nen Schaden…?“,
stand auf dem Transparent, das am Morgen vor dem Gericht zu sehen war. Als Illustration eine Veolia-Lok, die einen Zug mit Militärgerät zieht. Die Aktivist_innen wollten damit darauf hinweisen, dass Veolia mit einigem Stolz als Verkehrsdienstleister eine enge Kooperation mit der Bundeswehr eingegangen sei. „Veolia trägt eine Mitverantwortung für die Kriege, die andernorts geführt werden, weil sie mit Transportdienstleistungen und Wasseranlagen wichtige Infrastruktur zur Verfügung stellen“, erläutert eine der beteiligten Aktivistinnen.

Demonstrationsrecht und unklare Belege
Im dreiviertelstündigen Prozess selber ging es anschließend um juristische Detailfragen zu Gerichtszuständigkeiten, Fristen, möglicher Verjährung und darum, ob den drei nicht angeketteten Aktivist_innen Kosten in Rechnung gestellt werden können, die lange nach ihrer Räumung entstanden sind. Entschieden wurde noch nichts, der Termin für die Entscheidungverkündung wurde vom Gericht auf den 21.3. festgelegt. Allerdings betonte der Verteidiger der Beklagten den hohen Stellenwert der Versammlungsfreiheit, der bei der in Rede stehenden Aktion ebenfalls zu berücksichtigen sei. Mit Versammlungsfreiheit konnte der Veolia-Anwalt wenig überraschend wenig anfangen.

Schikanöse Eingangskontrollen
Der Prozess wurde, wie auch schon die bisherigen Verhandlungen gegen die Antimilitaristin Hanna Poddig, von der „Mobilen Einsatzgruppe Justiz“ (MEG) bewacht. Daraus resultierten Einlasskontrollen, bei denen alle Besucher_innen schikanös abgetastet wurden und nur Zettel und Stifte mit in den Gerichtssaal nehmen durften. Einer der beklagten Aktivistinnen sollte sogar das Tragen eines politischen T-Shirts verboten werden. Nach Beschwerden dagegen wurde sie dann aber doch noch eingelassen. „Die Sicherheitsmaßnahmen wirken vollkommen deplatziert. Mit den Justizangestellten der MEG erschien mir kein sinnvolles Gespräch möglich, ich fühlte mich wirklich eingeschüchtert!“, so eine Prozessbesucherin.

Nicht die erste Konfrontation
Bereits in der Vergangenheit war es zu Auseinandersetzungen zwischen solidarischen Prozessbesucher_innen und MEG-Beamt_innen gekommen. Eine solche Auseinandersetzung am Rande des Zivilprozesses „DB Netz gegen Antimilitaristin“ führte sogar zu weiteren Strafprozessen, die im März und April vor dem Amtsgericht in Schleswig verhandelt werden. https://husuma.nirgendwo.info/2013/03/05/sl-prozess-wegen-beamtinnenbeleidigung-wie-unsinnige-strafverfolgung-aussieht/

Solidaritätsaktionen
Im Vorfeld des Prozesses gab es an verschiedenen Orten Solidaritätsaktionen: In Husum führte die „autonome Plüschtieraktion“ Kletteraktionen mit Transparenten in der Innenstadt durch. Die „Autonome Plüschtieraktion“ fordert in ihrem Schreiben außerdem die Abschaffung sämtlicher Gerichte.


Kriegerdenkmäler umgestaltet
In Husum und Flensburg kam es in den Nächten vor der Verhandlung zu Farbanschlägen auf Kriegsdenkmäler, zu denen jeweils Bekenner_innenschreiben mit Bezug auf den Prozess veröffentlicht wurden. Im Husumer Schlosspark wurde ein Kriegsdenkmal mit dem Spruch „Kriege verhindern, anstatt zu heulen“ versehen. In Flensburg wurde ein Kriegsdenkmal in der Friesenstraße mit Farbe versehen. „Die Wahl des Ziels [sei] durch die widerliche nationalistische Wortwahl“ erleichtert worden, mithilfe derer dort „Mörder zu Helden“ erkoren würden, so die Bekenner_innen. „Diese Aktionen solidarischer Aktist_innen können als kreativer Protest gegen staatliche Repressionsmaßnahmen eingeordnet werden“ sagte Hanna Poddig. So würden in Bekenner_innenschreiben auf die Tatsache, dass zur Zeit mehrere Gerichtsverfahren gegen Antimilitarist_innen und deren Unterstützer_innen laufen verwiesen.

Spannend wird es nochmal am Donnerstag, den 21.03. um 8.45 bei der Urteilsverkündung zum Prozess in Husum. Dort wird sich zeigen, welche Antworten das Gericht bis dahin auf die am 01. März in der Hauptverhandlung aufgeworfenen Fragen gefunden hat.

Termine:

21.3., 8:45 Uhr, Amtsgericht Husum: Verkündung der Gerichtsentscheidung im Zivilprozess „veolia gegen Antimilitarist_innen“. Zu dem Termin findet wahrscheinlich keine Mobilisierung statt.

20.3., 3.4. und 17.4.: Prozesse vor dem Amtsgericht Schleswig gegen solidarische Antimilitarist_innen

SL: Prozess wegen BeamtInnenbeleidigung- Wie unsinnige Strafverfolgung aussieht

Berichte im sh:z:
Kaputtes Kriegsdenkmal in Husum:
https://www.shz.de/nachrichten/lokales/husumer-nachrichten/artikeldetails/artikel/sprayer-verunstalten-denkmal.html

Bericht zur Verhandlung:
https://www.shz.de/nachrichten/schleswig-holstein/panorama/artikeldetail/artikel/prozess-marathon-gegen-hanna-poddig.html

Keine Kommentare »

No comments yet.

RSS feed for comments on this post. TrackBack URL

Leave a comment