Husuma

11. September 2012

Anquatschversuch in Husum?


Vom 09. bis zum 12. August diesen Jahres fand in Husum das Protestcamp „Militarismus-jetzt-stoppen!“ statt – scheinbar nicht ohne Nachwirkungen. Die örtliche Polizei übt sich in der Kriminalisierung von VersammlungsteilnehmerInnen und auch freundliche Herren in Zivil sind auf die Strukturen in Husum aufmerksam geworden.

Husum in Nordfriesland – Das ist die graue Stadt am Meer vom Dichter Theodor Storm; das ist das Tor zum Wattenmeer und einer der wichtigsten Garnisionsstandorte im nördlichen Teil der Republik. Nach aktuell anstehenden Schritten beim Umbau der Bundeswehr zur Angriffsarmee werden auf die 20.000 EinwohnerInnen der Stadt bis zu 10.000 Militärangehörige im Stützpunkt kommen. „Die aktuellen Kriege der Bundeswehr beginnen, wenn in Husum die Sachen gepackt werden“ sagt Jan Hansen, Aktivist der Initiative „Militarismus-jetzt-stoppen.de.vu“. Seinen Recherchen zufolge ist das Husumer Militär an allen als Auslandseinsätzen verharmlosten Kriegsbeteiligungen der Bundeswehr maßgeblich beteiligt. „Ohne die Militär-Logistik aus Husum geht im Ausland gar nichts“, analysiert Hansen.

Militarismus bestimmt die Region
Die massive Konzentration von Militär in der Region bleibt nicht ohne Folgen. „Man kann das, was hier abgeht, guten Gewissens als Militarismus bezeichnen“, so Hansen. Der Einfluss des Militärs auf nichtmilitärische Bereiche des öffentlichen Lebens sei unübersehbar. „Bei jeder Gelegenheit sind die Eliten aus Militär, Politik und Gesellschaft bemüht, in einem inszenierten Diskurs die angeblich flächendeckende Akzeptanz des Militärstandortes bei der Bevölkerung hervorzuheben. Unter anderem um diesen Diskurs als Inszenierung von Oben zu entlarven, habe die Initiative im August vor der örtlichen Fliegerhorstkaserne ein Protestcamp veranstaltet. „Mit dem Camp wird für alle öffentlich Dissens sichtbar. Es wird deutlich, dass es in der Region Protest und Widerstand gegen die Bundeswehr und ihre Auslandseinsätze gibt und der angebliche gesellschaftliche Konsenz ein Inszenierung interessierter Kreise darstellt.

Revangefoul der Polizei
Diese kleinen Erfolge zeigen auch auf staatlicher Seite umgehend Wirkung. So nimmt die Husumer Polizei bereits kleine Anlässe wahr, um AntimilitaristInnen in der Region zu kriminalisieren. „Während des Camps befestigte ein Demonstrant am Kasernenzaun ein Hinweisschild mit der Aufschrift „Achtung Kriegsvorbereitungen!“. „Die fotografische Dokumentation dieser Aktion nahm die Husumer Polizei rechtswidrig zum Anlass, Personalausweise zu kontrollieren, und Kameras zu beschlagnahmen“ berichtet Jan Hansen. Nur weil die BeamtInnen sich dabei zu ungeschickt angestellt hätten, sei die Unterbindung von Bildberichterstattung zu einer Protestaktion den staatlichen GewalttäterInnen nicht gelungen. Dafür leiteten die Cops als Revanchefoul ein Verfahren wegen einer angeblichen falschen Personalienangabe ein. Mehr Infos: https://husuma.nirgendwo.info/2012/08/14/1233/

Ungebetener Besuch von freundlichen Herren in Zivil

Doch damit nicht genug: Die Repressionsapparate sind anscheinend von dem noch beschaulichen Protest in der Kreisstadt so aufgeschreckt, dass auch zu eher ungewöhnlichen Maßnahmen gegriffen wird. So berichten die Eltern eines Campteilnehmers über einen unangemeldeten Besuch. Am Montag, den 27.8.2012 hätten zwei Männer die Eltern des Betroffenen beim Verlassen des Hauses abgepasst. Ein angeblicher Herr Bastian, ca. 50 bis 60 Jahre, und ein angeblicher Herr Nissen, etwa Mitte 30, Hörgerät, wollten wissen, ob (Name des Sohnes) zu Hause sei. Sie würden sich gerne einmal mit diesem nett unterhalten wollen, um mehr darüber zu erfahren, warum er so aktiv sei.

„Nein, der ist nicht da.“
„Ist er denn zur Zeit in (Wohnort des Betroffenen)?“
„Nehme ich an.“
„Kommt er am Wochenende nach (Wohnort der Eltern)?“
„Nein, nicht das ich wüßte. Um was geht es denn?“
Nissen: „Datenschutz.“ Bastian: „Nichts Schlimmes.“

Daraufhin seien die beiden Beamten aufgefordert worden, das Grundstück zu verlassen, was diese auch taten.

Sibylle Clausen, kommentiert dies gelassen: „ Die Eltern haben sich absolut richtig verhalten. Es gibt keinen Grund, StaatsschützerInnen irgendeine Information zu geben, egal wie nett diese gerade auftreten. Eine Aufgabe der Polizei in demokratischen Regimen ist es, politisch aktive Menschen zu überwachen, zu kontrollieren und bei Bedarf zusammenzuschlagen, einzusperren, zu erschießen oder zu traumatisieren. Dabei muss man ihnen nicht helfen“. Darüber hätten Familienangehörige selbst im Falle eines Ermittlungsverfahrens uneingeschränktes Zeugnisverweigerungsrecht, ergänzt Clausen. Mehr Infos für sinnvolles Verhalten bei Anquatschversuchen unter: https://systemausfall.org/rhhh/?q=node/105

Auf zum GÜZ!
Die Initiative lässt sich nicht von den staatlichen Maßnahmen einschüchtern. „Gerichtsprozesse sind hier in der Stadt die einzige Gelegenheit, um öffentlichkeitswirksam die Legal-Illegal-Scheißegal-Mentalität der örtlichen Polizei zu thematisieren. Deshalb sehen wir möglichen Gerichtsverfahren erwartungsvoll entgegen“. Und auch die aktuellen Reisepläne wird die Initiative umsetzen. „Wir rufen dazu auf, sich am „War starts here“-Protestcamp in der Altmark zu beteiligen. Wer mit uns fahren möchte, ist herzlich eingeladen, uns zu kontaktieren.

Mehr Infos: https://www.militarismus-jetzt-stoppen.de.vu

Bericht vom Protestcamp „Militarismus jetzt stoppen!“ 2012 in Husum:

Husum: Protest-Camp zu Ende

Willkürliche Polizeimaßnahme in Husum:

Husum: Polizei mag keine Pressefreiheit

Weitere Kriminalisierung von AntimilitaristInnen in der Region:

Antimil- Gleisblockade: Polizei SL tritt nach

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