Ein häufiger Rat nach Begegnungen mit Nazis ist, diese wegen denen und jenem bei der Polizei anzuzeigen. Doch neben den oft zweifelhaften Ergebnissen sprechen auch handfeste Gründe dagegen, sodass dieser Schritt gut überlegt sein sollte.
Wehrhafte Demokratie?
Gegen Nazis helfe eine „wehrhafte Demokratie“, heißt es immer wieder. Mit diesem Satz werden regelmäßig Befugniserweiterungen für die Polizei gegenüber politischen Beweg0ungen, Parteiverbote, das Verbieten von Kundgebungen und das Zusammenschlagen ihrer Besucher_Innen gerechtfertigt. Wohl gemerkt: Links wie Rechts. Jedes „Durchgreifen“ des Staates gegen Nazis führt auch zu einer höheren Legitimität der Repressionsorgane, auch wenn sich diese Staatsgewalt später gegen Linke oder gesellschaftliche Randgruppen richtet.
Das Ziel: Herrschaft schützen
Das Herrschaftseinrichtungen nicht neutral sind, sondern in erster Linie die bestehende (Un-)Rechtsordnung verteidigen, zeigt sich auch an Berns und Veckenstedt: Bei Rechts vs. Links lieber einstellen, denn egal, was war, die „Demokratie“ hat nichts davon, wenn eine der beiden Seiten vor Gericht „gewinnt“. Gleichzeitig sind die beiden mit harten Strafen dabei, wenn Aktivist_Innen (mit völlig friedlichen Mitteln) die Institutionen der Macht wie Bundeswehr und Justiz lächerlich machen. Deshalb fürchten sie sich auch mehr vor Konfetti und Luftballons als vor gewaltbereiten Neonazis.
Hauptaufgabe: Ausforschen.
So ist es auch bei der politischen Polizei. Diese forscht in erster Linie Zusammenhänge aus: Wer hängt mit wem rum, wer macht was, usw. Denn das lässt sich bei Verfahren gegen die andere Seite sicher verwenden. So kommt es, dass bei einer polizeilichen Vernehmung nach der gewalttätigen Nazi-Übergriffen auf der Neustadt im November 2009 die Betroffenen hauptsächlich nach weiteren „Zeugen“ (wer war denn noch dabei?) gefragt wurden und dabei hauptsächlich interessierte, ob und wie diese sich zur Wehr gesetzt hätten…
Anzeigen machen?
Das Stellen von Anzeigen sollte deshalb NIE gleich nach den Betroffenen Vorfällen geschehen, da dabei immer Angaben zur Sache und zu den Abläufen gemacht werden. Dies kann sich im Endeffekt jedoch genauso gegen die eigenen Leute richteten. Deshalb: Immer erst absprechen mit anderen Betroffenen. Was wollen wir mit der Anzeige? Ist das sinnvoll? Wie vermeiden wir Risiken? Diese Fragen sollten vor einem solchen Schritt geklärt werden. Sollte zusammen mit den eigenen politischen Umfeld eine Anzeige befürwortet werden, so sollte dies schriftlich direkt an die Staatsanwaltschaft geschehen. So vermeidet mensch, das die betroffenen Person auf der Polizeiwache doch mehr als notwendig zu Protokoll gibt. Es ist außerdem immer gut, auch Rechtshilfeorganisationen wie die Rote Hilfe oder lokale Antirepressionsgruppen um Rat zu fragen.
Mehr Infos zur Problematik „Repression gegen Nazis“
https://www.husuma.dragseths-gasthof.de/index.php?aktion=eintrag_anzeigen&print=&menue_id=50&eintrag_id=154