Husuma

29. September 2006

Husumer Speicher im rauen Wind


Die Mitglieder der Speicher-Jugendgruppe (Soziokulturelles Zentrum) sehen sich seit Mai 2006 immer öfter Schikanen der Husumer Polizei ausgesetzt. Anscheinender Anlass hierfür ist eine Kampagne der Kameradschaft NF aus dem NPD-Umfeld.

Wie auf der NPD-Homepage nachzulesen ist, scheinen sie sich am soziokulturellen Zentrum Speicher zu reiben, da sich dort Linksextremisten aus dem Umfeld sog. der kriminellen Antifa treffen würden. Der Speicher ist den Neonazis jedoch ein Dorn im Auge, da in seinen Räumen von einer Speicher-Jugendgruppe regelmäßig Punk- und HipHop-Konzerte veranstaltet werden. Der eigentliche politische Gehalt dieser Veranstaltungen ist eher gering, geschweige denn Antifa oder kriminell. Aber durch das bloße Vorhandensein einer alternativen Anlaufstelle für Jugendliche behindert die Speicherjugendgruppe die Ausbreitung eines Glatze/Bomberjacke-Dresscodes unter den Jugendlichen der Stadt. Somit behindert die Jugendgruppe die Kameradschaft NF bei ihren Versuchen, unter Jugendlichen Fuß zu fassen. Bisher zumindest.

Denn seit Mai 2006 polemisieren wild verklebte Plakate und einschlägige Homepages gegen den Speicher. Zudem sehen sich Mitglieder der Jugendgruppe absurden Vorwürfen ausgesetzt. Diese würden angeblich bei jeder Gelegenheit auf „nationale Jugendliche“ ein prügeln, sie entführen, demütigen und sogar einsperren. Trotzdem stoppten Husumer Polizeibeamte laut den Betroffenen wiederholt Jugendgruppen angehörige, fragten sie zu den angeblichen Vorfällen aus auf offener Straße und konstruierten anhand von Fotos, wer dazu gehöre, und wer nicht. Dabei taten sich angeblich wiederholt Polizeibeamte mit sozial rassistischen Kommentaren hervor.

Als es Anfang Juni 2006 zu militanten Protestaktionen (Graffiti, gefälschte Behördenschreiben, Sachbeschädigung an Bundeswehrfahrzeugen) gegen das anstehende Konzert der Big-Band der Bundeswehr in Husum kam, und zeitgleich eine Kampagne gegen eine Abschiebung in den Kongo startete, war zumindest für die Husumer Polizei anscheinend die Tätergruppe schnell gefunden: Die Jugendgruppe. Wer auch sonst. Wer Konzerte, Infoveranstaltungen und Straßentheater macht, begeht anscheinend auch Verbrechen. Zumindest in der Logik der verantwortlichen Beamten (das sie damit genau auf NPD-Linie liegen, scheinen sie nicht zu realisieren).

Da jedoch offensichtlich keine Beweise vorliegen, verlegte sich die Polizei laut den Betroffenen auf eine Erfolg versprechendere Strategie: Blanke Gewalt. Am 17.5. wurde eine als Marsmenschen auftretende Straßentheater-Crew brutal verhaftet, und eine Woche später laut den Betroffenen eine private Gartenparty aus den Umfeld der Jugendgruppe völlig überzogen von 15 Polizisten gestürmt, die alles, was sich nicht schnell genug tot stellte, nieder prügelten, oder mit Pfefferspray verletzten.

Die politische Stoßrichtung dieses Übergriffs lag laut den Betroffenen von Anfang an auf der Hand: Die Gäste, die anschließend verhaftet wurden, gelten bei der Husumer Polizei allesamt als bedeutend in der Jugendgruppe. In den anschließenden Verhören wurden die Verhafteten gezielt über nicht anwesende ebenfalls als angeblich wichtig konstruierte Menschen ausgefragt: „Sie kennen doch den? Warum haben wir den eben nicht gefunden?“

Aus Sicht der Polizei stellt sich der Abend freilich ganz anders da. Die Polizisten leiteten Strafverfahren gegen die Verhafteten wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt, Beleidigung, Ruhestörung und in einem Fall Körperverletzung ein. Anfragen zum Tathergang weißt die Husumer Polizei unter fadenscheinigen Begründungen ab.

Auch politisch geht die Strategie der Nazis mittlerweile auf: Verschiedene Kommunalpolitiker Husums fühlten der Geschäftsführerin und dem verantwortlichen der Jugendgruppe auf den Zahn, und erkundigten sich, was es mit den angeblichen extremistischen Bestrebungen auf sich habe. Das ist deshalb eine neue Qualität, da der Speicher hauptsächlich von der Stadt Husum finanziert wird.

Original-Links der Nazi-Hetzkampagne
https://www.npd-sh.de/kommen/ „Linksextremisten drehen durch“
https://www.npd-sh.de/aktuell/ „Brutaler Angriff gegen NPD-Frau“

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