Husuma

11. März 2010

Landgericht verurteilt Antimilitaristin zu Schadensersatz


Im Prozess der Bahn gegen eine Antimilitaristin hat das Landgericht Flensburg heute in erster Instanz entschieden, dass die Aktivistin die Räumungs- bzw. Reparaturkosten übernehmen muss.

Die Beklagte kündigte an, Rechtsmittel dagegen einzulegen. Die Angeklagte hatte im Februar 2008 mit einer Gruppe Antimilitarist_innen nahe Husum gegen einen Transportzug der Bundeswehr protestiert. Die Angeklagte hatte sich an die Gleise angekettet, um ihren Protest zu verdeutlichen. Auf Anweisung der Bahn zersägten die Einsatzkräfte von Polizei, THW und Feuerwehr das Gleis auf einer Länge von 7 Metern, um die Aktivistin aus dem Gleisbett zu entfernen.

Polizeilicher Verstoß gegen Versammlungsrecht ist egal

Da die Protestversammlung nie polizeilich aufgelöst wurde, gab es nach bisheriger Rechtssprechung keine Verpflichtung für die Angeklagte, sich zu entfernen. Der Militärtransport konnte seine Fahrt erst nach mehreren Stunden fortsetzen. Die Bahn fordert nun die Reparaturkosten von der Aktivistin ein. Die Verteidigung argumentierte mit dem Recht auf Versammlungsfreiheit und die durch die Polizeiakten belegte fehlende Auflösungsverfügung. Aber Richter Biermann hielt die Privatinteressen der Bahn für wichtiger als die Wahrung von Grundrechten und verurteilte die Aktivistin zur Zahlung von Schadensersatz. Die Höhe des Schadenersatzes legte das Gericht noch nicht abschließend fest- die Bahn fordert 14.000 Euro.

Justiz schützt selbstverständlich die Militärs und ihre HelfershelferInnen
Die beklagte Aktivistin Hanna Poddig dazu: „Ich sehe in der Verurteilung keinen Rückschlag- es erstaunt mich nicht, dass die Gerichte die Politik des Militärs schützen. Ich werde gegen dieses Urteil in Berufung gehen. Weil die Bahn eine Armee unterstützt, die für die Aufrechterhaltung einer zutiefst ungerechten Weltwirtschaftsordnung kämpft, ist sie als Unternehmen für diese Kriege mitverantwortlich.“

Gericht versteckt den Repressionsappart
Für die Urteilsverkündung galten erhöhte Sicherheitsvorkehrungen. Alle ZuschauerInnen wurden erst nach Kontrollen und Durchsuchungen durch einen seperaten Nebeneingang ins Gerichtsgebäude gelassen. Die Verbindungstüren dieses Gebäudetraktes waren verriegelt und durch Justizbeamte zusätzlich bewacht. „Durch die Isolation gelingt es, den gegen WeltverbessererInnen eingesetzten Repressionsapparat vor der Öffentlichkeit zu verbergen“, sagte der aus Husum angereiste Mitarbeiter des HusumA-Solifonds Jan Hansen.

Schuldig!
Die Urteilsverkündung lief wie erwartet. Der Richter kommt rein, verliest das Urteil. Fertig. Ein würdiger Anschluss an die Verhandlungsfarce vom 17.2.. Dabei wurde er angefeuert durch Vertreter einer sich selbst als „Freundeskreis Bundeswehr-Bahn“ bezeichnenden Gruppe, die bereits vor dem Gericht Flugblätter verteilt hatte und durch Pöbeleien in Richtung der ProzessunterstützerInnen aufgefallen waren. In den verteilten Flugblättern freuten diese sich, dass das Landgericht mit Richter Biermanns Entscheidung „Endlich freie BAHN für Militär und Waffen“ schaffe.

Verlesung eines Gegenurteils
Nachdem der Richter sein Urteil verlesen hatte, stand eine Person aus dem Publikum auf, und las ebenfalls ein „Gegenurteil“ vor, in dem diese die Beteiligung der deutschen Militärs am Afghanistan-Krieg verurteilte, die mutige Blockadeaktion der Angeklagten lobte, und diese frei sprach. Erwartungsgemäß war dies mal wieder zu viel Meinungsfreiheit für Richter Biermann, und er versuchte das Vorlesen zu unterbinden. Dies gelang nicht, weil er letztlich vor der finalen Konsequenz (gewaltsame Saalräumung) zurückschreckte, und außerdem sich seine Wachtmeister den Anfeuerungsversuchen der Bundeswehr-Bahn-Freunde zeitgleich erwehren mussten.

Auch der Strafprozess in Husum geht weiter
Mittlerweile steht auch ein Termin für die im letzten Dezember in Konfetti und Luftballons untergegangenen Strafprozesse in Husum: Gegen die Hauptangeklagte, die sich damals an die Gleise kettete, wird wieder am 26.5. und am 28.5. und am 3.6. verhandelt. Mit der Ladung teilte das Gericht bereits mit, dass es diesmal schikanöse Kontrollen der Prozessbesucher geben werde. „Aber wir lassen uns davon nicht einschüchtern.“ sagte Jan Hansen vom HusumA-Solifond, der sich an der Soli-Arbeit beteiligt.

Aufruf zum Aktionstag
Außerdem rufen verschiedene Gruppen ( z.B. https://www.kts-freiburg.org/spip/spip.php?article1149 und https://husuma.zwielicht-husum.de/index.php?aktion=thema_anzeigen&print=&menue_id=170 ) rufen für Donnerstag den 11. März aus Anlass der Verurteilung zu einem dezentralen Aktionstag gegen die Politik der Bahn auf.

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