Dirk C. Fleck Das Tahiti-Projekt Pendo-Verlag ISBN 978-3-86612-155-3
Der Journalist Cording reist im Jahr 2022 auf der ewigen Jagd nach Katastrophen für das Magazin „Emergency“ standig von einem Katoastrophengebiet zum nächsten Unglücksort. Selbst in seinen Träumen sieht er schon das „Elend der Welt“ anteilslos an ihm vorbeiflanieren. Ausgebrant und resigniert von der weltweiten Situation und der scheinbaren Unausweglichkeit von Naturkatastrophen, Krieg und kapitalistischer Ausbeutung nimmt er den Auftrag seiner Redaktion an, für eine Reportage nach Tahiti zu reisen, dankbar an.
Tahiti erreichte vor neuen Jahren u.a dank einer von Cordings Reportagen die Unabhängikeit von Frankreich. Seit dem regiert dort der charismatische Präsident Omai, der das Land anscheinend auf einen komplett anderen Weg als den Rest der Welt geführt hat. Deshalb hat Präsident Omai nun die Weltpresse eingeladen, um sein Land der Öffendlichkeit zu präsentieren-und so reist Cording mit der klaren Mission seines Chefredaktörs, nachzuschauen, „was diese Ökosekte da mit unserem Geld“ macht.
Doch aus dem Totalveriss wird nix. Cording ist begeistert von der konsequenten ökologisch-technokratischen Reform, die auf Tahiti stattfindet, und ihm von der Schwester des Präsidenten persönlich näher gebracht wird. Das „persönlich“ ist wörtlich gemeint, da um die beiden eine ziemlich platte Liebesgeschichte gebastelt wird. Doch das junge Glück auf Tahiti ist bedroht. Ein chinesisches Staatsunternehmen und die US-amerikanische Firma Total Oil führen Böses im Schilde und bedrohen das Ökoparadies. Der Standart Oil-Vorsitzende Robert Mc Ewen hat durch Korruption erreicht, dass aus dem US-amerikanischen Haushalt eine vom Geheimdienst und Militär geschützte Tankerflote zum Abbau von Manganknollen auf dem Meeresboden vor Tahiti Polynesien bezahlt wird. Dies würde zum irreperablen Schäden am Ökosystem und zum Zusammenbruch ganzer Inseln führen.
Doche mit Hilfe des Internet-Junkies und „Emergency“-Chefredaktörssohn Steve trommeln Präsident Obai und Cording zur Rettung Polynesiens. Eine Web-Kampagne wird gestartet. Nach „Life-Aid“-artigen Popkonzerten gipfelt diese schließlich in einer gewaltfreien Blockade der von Zerstörern beschützten Tankerflotte durch tausende von traditionellen polynesischen Kanus.
Die Stärke des Buches liegt in seiner Realitätsnähe. Es wird keine allzuferne Zukunft gezeigt, sondern unsere Welt, in der sich die bereits andeutenden Prozesse und Trends nur konsequent weiter gedacht werden. Das Kanu-Beispiel zeigt: Politisches Campaigning gelingt auch noch 2022. Nur muss der „politische Preis“ entsprechend höhergehängt werden. Und so können die US-Militär, die Rodungsmachinen, die in Californien die letzten Reedwood-Mamutbäume fällen, mit Panzern, Soldaten und Kampfhelis beschützt, sich trotz großen Medieninteresses erlauben, AktivistInnen zu erschießen.
Im Hamburg sind Arbeitslose längst in Ghettos verbannt und dürfen die Innenstadt nicht mehr betreten. Längst hat sich die sozialrassistische Hetze soweit gesteigert, das der Chefredaktör von „Emergency“ Artikel deckelt, in denen es um heimliche Beimischung um „beruhigenden“ Pschychopharmaka in Armenküchen geht. In den USA wird ein ökologisch und sozial engagierter Präsident von der Ölindustrie ins Amt gehieft, das nur so die Legitimation für das Herrschaftssystem Demokratie aufrecht erhalten werden kann. Obama lässt grüßen…Es ist die scheinbare Normalität des Jahres 2022, dass uns die Qualität all der „kleinen“ Veränderungen hoffentlich überdenken lässt.
Das als Paradies verherrlichte Tahiti hingegen kann auch nicht die Lösung sein, denn es funktioniert nur mit krassen Ausblendungen. Der junge dynamische Präsident ist seit neun Jahren im Amt. Warum? Konflikte innnerhalb der tahistischen Eliten werden nicht erwähnt. Nur eine Parlamentsreform (vier mal Akzeptanzbeschaffung für Herrschaft, statt nuir einmal) soll angeblich die Lösung gebracht haben.
Omai wird zudem ständig als moralische Lichtgestalt aufgebaut. Warum die vom Autor u.a. am Beispiel des US-Präsidenten Selby sehr gut beschriebene Korrupierung durch Macht bei Omai nicht wirken soll, bleibt im Dunkeln. Und somit reduziert sich die Besonderheit des Tahiti-Projekts letztlich auf das schon in der mittelaterlichen Camelot-Sage zur Vernebelung von herrrschaft verwendete Motiv ddes „Guten Herrschers“.
Die hinter dem Buch stehenden Kreise um den Equilibrismus e.V beziehen sich zudem wie nicht anders zu erwarten positiv auf den antisemistischen Freiwirtschafler Silvio Gesell. Des weiteren haben sie kein Problem mit seinem heutigen Nachfolger Helmut Creutz, der seine Thesen vom raffenden und schaffenden Kapital auch im mittlerweile verbotenden neofaschistischen Thinktank Collegium Humanum zum besten gab. Der hinter Homepage stehende Volker Freystedt fordert in seinen Büchern u.a eine Weltregierung und nimmt die Erfindeung des “Heuschrecken”-Motivs für sich in Anspruch. Völlig negiert er dabei, das mindestens die Nazis auch bei diesem Konzept schneller waren. Schade, das sich der UN-Menschenrechtskommissar Jean Ziegler positiv auf dieses Buch bezieht.
https://www.equilibrismus.de/de/aktuelles/kommentare/vf-heuschrecken.htm