Husuma

1. Juni 2006

Kriegerische Gemeinschaften?

Bei einigen Krieg stellen sich sogar die etablierten Medien ab und zu die Frage nach dem „Warum?“, und entlarven dann auch durchaus kritisch, das es eben doch nicht um „Fredoom and Democrazy“ geht, sondern meistens um handfeste Wirtschaftsinteressen. Doch die Frage nach den Umständen und Rahmenbedingungen, die das Führen eines Krieges erst möglich machen, kommt selten auf.

Wir-Rhetorik…
„Wir alle müssen den Gürtel enger schnallen“, „Es muss ein Ruck gehen durch unser Land“, „Du bist Deutschland“, Wir sind Papst“, so schallt es einem ständig aus Zeitungen, Radio und Fernsehen entgegen. Die Intention dieser Botschaften ist immer dieselbe: Wir sind alle eins, Wir gehören alle zusammen! Und meistens kommt im Nachsatz dann dieses: Wir alle sind bedroht, oder es droht für uns alle ganz schlimm zu werden. Und deshalb müssen Unsere individuellen Bedürfnisse hinter dem großen gemeinsamen Ganzen zurückstellen, und z.B. auch für 1,5 Euro arbeiten oder in einen Krieg gehen. Denn nur wenn Wir jetzt bereit seien, einige Opfer auf uns zu nehmen, werde es Uns weiterhin (halbwegs) gut gehen. Und alle, die das nicht einsehen wollen, sind angeblich wahlweise Scheinasylanten, Vaterlandsverräter oder Sozialschmarotzer,
denn es gäbe angeblich keine Alternative zu der vorgeschlagenen Maßnahme.

…konstruiert Kollektive
Die Systematik dieser Rhetorik ist immer gleich, egal ob es sich um Kürzungen im sozialen Bereich, mehr Steuern, oder eben um einen Krieg handelt. Stets konstruiert der Sprechende ein gemeinsames „Wir“, zu dem angeblich alle gehören würden (der Fußballverein, die jeweilige Familie, die Politgruppe oder eben die Nation). Dabei definiert allein der Sprecher, wer dazu gehört, und wer nicht. Und niemand wird gefragt, ob er/sie überhaupt damit einverstanden ist. Und dann verpackt der Sprechende seine eigenen Individualinteressen als angebliches Gemeinsaftsinteresse der vorher konstruierten Gemeinschaft.

Und für denn Fall, dass doch jemand diesen rhetorischen Trick durchschaut, wird mit Diffamierungen ein kleines bisschen Angst geschürt und nebenbei ein „Draußen“ definiert, vor dem die vorgeschlagene Maßnahme schützen solle. Konkrete Vorschläge, um die realen Gründe für Missstände zu beheben, sind selten, und kommen oft auch schlecht an, weil oft etwas hintergründiger als sog. Politik der harten Hand.

Akzeptanzbeschaffung…
Leider ist dieses Prinzip weithin akzeptiert. Fast nirgends finden sich Menschen ohne ein Label, Familienname, etc. zusammen, und orientieren sich nur an dem Bedürfnis, dass sie zusammenführte. Fast überall wird das angebliche „Wohl“ (also meistens Dominanzgedanken der jeweiligen Eliten) der Gruppe höher gestellt, als die Befriedigung des konkreten Bedürfnisses, um das es eigentlich einmal ging.

…auch für Kriege
Mit der Legitimierung von Kriegen verhält es sich ähnlich. Wenn kein Soldat einen Sinn darin sähe, sich totschießen zu lassen, wenn kein Steuerzahler Sinn darin sähe, statt Krankenhäuser Panzer zu kaufen, wenn Eltern keinen Grund sähen, statt Kinderpflege Gräberpflege zu betreiben, dann wäre Krieg politisch nicht durchsetzbar. Ist er aber leider, den noch glauben viele den Quatsch vom „Wohle der Allgemeinheit“.

Die Rahmenbedingungen

Ich will in keiner Weiße behaupten, das pure Individualisierung und Rücksichtslosigkeit im Umgang miteinander irgendwie friedensfördernd sei. Doch ein zum Selbstzweck verkommenes „Wohl der Allgemeinheit“ tut dies auch nicht. Im Gegenteil: Solange einige wenige Menschen mehr Möglichkeiten haben, ihre Interessen (notfalls auch mit Gewalt durchzusetzen), dann werden sie es auch tun. Wenn mensch heute keine Befehle ausführen will, dann gibt es Arrest. Wenn mensch heutzutage keine Kriegssteuern zahlen will, dann gibt es Strafprozesse. Dies ist für „die Herrschenden(1)“ sehr praktisch, den durch die ihnen zur Verfügung stehenden Machtmittel können sie die Folgen ihres Handels anderen aufdrücken. Mensch stelle sich nur einmal Joschka und Gerd beim Bewachen einer SFOR-Kaserne in Bosnien vor, oder Josef Ackermann mit zwei Kinder, einer kleinen Wohnung und 345 Euro Hartz 4 im Monat, nachdem die Deutsche Bank ihn rausgeschmissen hat. Ähnlich verhält es sich mit Krieg: Niemand würde einen Krieg anfangen, wenn er die Folgen davon tragen müsste. Noch sind die Rahmenbedingungen von Gesellschaft leider so, dass es sich aus egoistischer Sicht auszahlt, mit dem Ellenbogen (im Extremfall Krieg) durchs Leben zu boxen. Um dies zu ändern, müssen die Rahmenbeding-ungen so beschaffen sein, dass es sich aus egoistischer Sicht am meisten auszahlt, solidarisch und kooperativ zu handeln.

Perspektive für Frieden
Somit kann nur dann dauerhaft Frieden sein, wenn alle Menschen gleichberechtigten und bedingungslosen Zugang zu allen gesellschaftlichen Ressourcen bekommen, und gleichzeitig die Gesellschaft ihren Straf-und Zwangscharakter verliert. Konkret heißt das: Nur wenn alle Verteilungsfragen gleichberechtigt ohne Zwang zur Einigung gelöst werden, gibt es kaum noch Grund, anderen Gewalt anzutun. Somit müssten dann zum einen Güterproduktion und Güterverteilung gleichberechtigt und horizontal organisierbar sein, und zum zweiten sämtliche Zwangsgemeinschaften wir Nation, Staat, Familie etc. freiwillig lösbar sein. Vereinbarungen und Kooperationen sollten nur noch freiwillig, das heißt ohne Zwang zustande kommen.

Vieles wäre anders- Gut so!

In so einer Gesellschaft würde ganz viel anders aussehen als heute, und mit dem Krieg würde hoffentlich noch so manches Übel wegfallen (Kriminalität wegen zuwenig oder zuviel Geld, Bürokratie, Verwaltung, Politiker…). Doch da das noch ein weiter Weg ist, bis verschleiernde „Wir“-Rhetorik der Vergangenheit angehört, macht es Sinn über Sofortmassnahmen nachzudenken, die allerdings eine grundlegende Veränderung der Verhältnisse nicht ersetzen können.

Rüstungsexporte stoppen

Die meisten Kriege finden in Ländern statt, in denen gar keine Rüstungsfabriken stehen. Mit einer Demontage der Rüstungsindustrie oder zumindest einem Exportverbot in den industrialisierten Ländern ließen sich einige Kriege mangels Nachschub förmlich austrocknen, oder zumindest ihre Intensität senken. Leider sind noch nie so viele Waffen aus D-Landistan exportiert worden, wie unter der Rot/Grünen Koalition.

Bundeswehr abschaffen

Mit dem Abschaffen der Bundeswehr fiele der Grund für Subventionen an die Rüstungsindustrie und ihr Hauptabnehmer weg. Zudem wäre dies ein wichtiges Signal an andere Länder, ebenfalls abzurüsten. Nie waren die Chancen dafür besser als jetzt, den D-Land ist nur von Verbündeten umgeben. Dass Staaten leider auch ohne Armee auskommen, beweißen seit langem Island und Puerto Rico. Und für innere Sicherheit, Aufstandsbekämpfung, Terrorismus etc. gibt es leider immer noch die Polizei. Außerdem fürchte ich einen weiteren Nebeneffekt: Gerade ohne Armee könnte der Einfluss D-Landes in der Welt noch wachsen, da es als neutrale Macht ohne eigene Truppen der ideale Vermittler in allen Krisen wäre, und mit dem gesparten Geld sehr viele Gräben zupflastern könnte und leider auch damit sich der politische Einfluss/Hegemonialismus Deutschlands weiter ausbreiten könnte.

Reichtum weltweit umverteilen
Armut ist der Hauptgrund für Kriege. Was liegt da näher, als eine globale Umverteilung des Reichtums zu fordern, zumal der angeblich „freie Welthandel“ sich in dieser Hinsicht jeden Tag aufs Neue blamiert? Kurzfristig ließe sich zumindest die Entwicklungshilfe erhöhen (bisher nicht einmal 1% des BSP). Allerdings müssten sich auch die Entwicklungshilfekonzepte ändern, den bisher sind diese eher darauf ausgerichtet, die Verwertbarkeit des jeweiligen Landes auf dem Weltmarkt zu erhöhen, als den konkreten Menschen zu helfen.

Anmerkungen
(1) eigentlich wehre ich mich gegen die pauschale Verwendung von platten Analysen wie „die Herrschenden“, da dies suggeriert, es gäbe ein paar „Herrscher“ und einen Haufen „Beherrschter“, und mensch müsste nur die paar Herrscher absägen, schon wäre alles toll. Leider stimmt diese Analyse nicht, da Herrschaft alle Bereiche des Lebens durchzieht, und selbst die grünalternative Unter-schichtenmama gleichzeitig in mehreren Herrschaftsverhältnissen steckt, und selber z.B. über ihre Kinder herrscht oder ihren Verein dominiert.

(2) Gerhard Schröder(SPD) und Josef Fischer (Grüne) führten die Bundeswehr 1999 mit der Beteiligung der Luftwaffe am NATO-Bombardement auf Serbien in den ersten deutschen Angriffskrieg seit 1945.

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