Husuma

14. August 2012

Husum: Polizei mag keine Pressefreiheit

Im Kontext des Protest-Camp „Militarismus-jetzt-stoppen“ vor der Fliegerhorstkaserne in Husum vom 9.8. bis 12.8. 2012 versuchte die Husumer Polizei am Sonntag, die Pressefreiheit massiv illegal einzuschränken.

Der Prolog: Die Fahrraddemo.
Bereits an der Abschlusskundgebung einer Fahrraddemo am Samstag versuchte die Husumer Polizei die Pressefreiheit einzuschränken. Der Einsatzleiter forderte einen Filmemacher auf, dass Filmen des Redebeitrages der Abschlusskundgebung zu unterlassen, da es verboten sei, militärische Anlagen zu fotografieren. Dies sei zudem bekannt gewesen, da am Zaun der Kaserne mehrere Hinweisschilder mit dieser Information angebracht seien. Erst nachdem der Redebeitrag unterbrochen und stattdessen die Teilnehmenden der Demo auf den Vorgang aufmerksam gemacht wurden und per Megaphon der Polizist aufgefordert wurde, das Schild zu lesen, sah vorerst auch die für ihren Gehorsam gegenüber den Militär bekannte Husumer Polizei ein, dass auf dem Schild „Innerhalb militärischer Anlagen ist das Fotografieren und Filmen verboten“ steht, die Demo sich jedoch außerhalb befinde.



Das Vorspiel: Das Protestschild, das dem Militär nicht passt.

Am Morgen des 12.8. befestigte nun ein Aktivist aus dem Camp außen am Kasernenzaun neben den Foto-Hinweis eine Tafel, auf der in ähnlichem Layout „Achtung Kriegsvorbereitungen!“ aufgedruckt war. Anschließend dokumentierte er diese Aktion fotografisch. Sofort kam es zu Aufregung auf der anderen Seite: „Der fotografiert!“ rief eine Wachhabende dem zuständigen Unteroffizier zu. Dieser erschien daraufhin am Zaun und schnitt mit einem Messer die Befestigungsschnüre des „Achtung-Kriegsvorbereitungen!“-Schildes los, knickte es und zog es durch die Zaunstäbe nach Innen. Da es sich dabei zumindest formell gesehen um einen gegebenen Anfangsverdacht der Sachbeschädigung und des Diebstahls handelt, fotografierte der Aktivist auch diese Handlung. „Das glaubt einem sonst ja wieder keiner“ kommentiert der Betroffene seine Handlung.


1.Akt: Der Beamtenprivatparkplatz
Etwa 10 Minuten später erscheinen zwei Beamte am Lagerfeuer des Camps und fragen einen der dort Anwesenden „was hier los“ sei. „Darauf habe ich sie gefragt, was sie meinen würden. Doch sie waren anscheinend nicht in der Lage, mir den Grundes ihres Erscheinens zu erklären“ sagt Peter, der angesprochene Aktivist. Weil auch sonst niemand im Camp allzu große Bereitschaft zeigt, sich mit den BeamtInnen zu unterhalten, ziehen die Cops nach wenigen Minuten ab und betreten das Kasernengelände.


2. Akt „Scheiß Autoritäten!“ aus dem Streifenwagen.

Da der Besuch der Staatsmacht einigen Aufregung verursacht hat, nimmt eine AktivistIn ein Stück Straßenmalkreide, und begibt sich zum mitten in einer Kreuzung geparkten Streifenwagen und artikuliert ihren Unmut über diesen wie selbstverständlich stattfindenden Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung, der anderen Menschen Punkte in Flensburg bringen würde, indem sie mit der Kreide den Schriftzug „Beamtenprivatparkplatz“ vor den Streifenwagen auf die Straßen schrieb. Aus der Kaserne brüllte eine der eingesetzten BeamtInnen daraufhin „Was machst Du da?“ und beide BeamtInnen erschienen wieder am Streifenwagen. „Nach der Erklärung, dass sie mich bitte weiterhin Siezen mögen, da sonst für umstehende Personen der Eindruck entstehen könnte, ich sei mit Falschparkern befreundet, bin ich daraufhin wieder ins Camp zurück gegangen“. Die Beamten gucken doof, steigen in ihr Auto, wenden und fahren Richtung Wache ab. Dabei scheint es, als ob die Cops doch etwas Humor besitzen würden. „Als sie an uns vorbeifuhren, ertönten aus der Lautsprecheranlage des Streifenwagens die Worte „Scheiß Autoritäten!!“. Ich zumindest habe mich darüber gefreut, den ich stimme dem zu“ sagt Jana, ebenfalls am Camp beteiligt.

3. Akt. Gewalt gegen KritikerInnen
Für die CamperInnen ist der Vorfall damit erledigt und die Vorbereitungen für den Tag gehen weiter. Doch nocheinmal 20 Minuten später ist die Staatsmacht zurück und von Humor ist nichts mehr geblieben. Vier Polizisten, mit Handschuhen und Bewaffnung am Gürtel, betreten das Camp. Zielstrebig gehen sie auf die Person zu, bei der sie die Fotos vermuten. Vor diesem bauen sie sich Kreisförmig aus und fordern die Herausgabe der Kamera. „Daraufhin habe ich sie gefragt, warum sie die haben wollen.“ sagt Peter, einer der AktivistInnen. „Sie sagten mir, mit der Kamera sei die Kaserne fotografiert worden und das sei verboten. Ich habe erwidert, das lediglich das Fotografieren innerhalb der Kaserne verboten sei, und das sie das auf dem Hinweisschild am Eingang nachlesen könnten“. Doch anstatt sich mit legalen Handeln zufrieden zu geben, hätten die BeamtInnen die Begründung für ihren Übergriff abgeändert. „Nun sollte es angeblich darum gehen, das Persönlichkeitsrecht des fotografierten Soldaten zu wahren“. Daraufhin habe der Aktivist ihnen erklärt, dass das ein Recht sei, dass sich auf die Veröffentlichung beziehe, und das Träger öffentlicher Gewalt bei der Ausübung derselben selbstverständlich damit leben müssten, dass die Öffentlichkeit z.B. durch Fotos eine kritische Kontrolle über staatliche Gewalt ausübe. Zumal man sogar SEKs im Einsatz fotografieren dürfe.


Gewalt wider besseren Wissens
„Da dieser Fakt mindestens einem der Beamten bekannt schien, taten sie in diesem Moment das, was Cops immer tun, wenn sie nicht weiter wissen: Sie wollten meinen Personalausweis sehen.“ Damit ging das Spiel von Vorne los. Ob die Beamten eine Rechtsgrundlage für das Kontrollieren des Personalausweises hätten. „Laut den eingesetzten Beamten lautet diese : „Wie diskutieren hier nicht“! Daraufhin habe der Aktivist ihnen erklärt, dass sie für die Nutzung öffentlicher Gewalt eine Rechtsgrundlage bräuchten, und diese dem Betroffenen mitteilen müssten. „Dann eben StpO 163b“. „Ok“, habe darauf der Aktivist gesagt, „aber dann musst es eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit geben, die sie mir nennen müssen.“ „Wir diskutieren hier nicht!“ „Sie sind verpflichtet, mir die betreffende Vorschrift zu nennen.“ „Hat die Kollegin doch schon. Recht auf Persönlichkeitsrecht“. „Der Paragraf bezieht sich auf die Veröffentlichung. Und die ist noch nicht geschehen.“ „Dann eben Gefahr im Verzug!“ Gesagt getan, und schon wird die rechtswidrige, weil anlasslose Personalausweiskontrolle mit Gewalt durchgesetzt. „ Es ist schon erstaunlich, wie wichtig staatlichen Gewalttätern ihre eigenen Persönlichkeitsrechte sind, während sie die anderer Menschen mit Füßen treten!“ kommentiert dies der betroffene Aktivist.

4. Akt Einschränkung der Pressefreiheit
Doch damit nicht genug: „Die Kamera wollten sie auch noch haben“ sagt der Betroffene. Dieser habe den Beamten gesagt, das er die Kamera nicht freiwillig abgeben werde, da das Löschen der Bilder eine massive Einschränkung der Pressefreiheit sei, und er deshalb da nicht mitmache. Daraufhin fackelten die Beamten nicht lange, durchsuchten die Person erneut, konnte die Kamera jedoch nicht finden. „Wir haben es hier mit dem wiederholten Falle zu tun, das die Husumer Polizei versucht, Bilder, die Straftaten von anderen staatlichen Gewalttätern dokumentieren, zu vernichten“ kommentiert Jan Hansen vom HusumA-Solifond den Vorfall.

Der Schluss. Das Starfverfahren gegen KritikerInnen
Doch anstatt irgendwie selbstkritisch die eigene Praxis zu hinterfragen, teilte der Pressesprecher der Husumer Polizei, Holger Diehr auf Anfrage nur mit: „ Zum Vorfall wurde von den eingesetzten Polizeibeamten eine Anzeige gefertigt. Zu laufenden Verfahren geben wir grundsätzlich keine Auskünfte.“ Das Kommentar des Betroffenen ist eindeutig: „Erst wenden sie illegal Gewalt an, und dann zeigen sie die Betroffenen an, um sich selber vor Kritik zu schützen. Typisch deutsche Polizei!“

Bericht 1. Tag des Protest-Camp „Militarismus jetzt stoppen“:

Protest-Camp vor der Kaserne

Ausnahmsweise mal Meinungsfreiheit in Husum:

Husum: Ausnahmsweise mal Meinungsfreiheit?

Polizei Husum schützt Gewalttäter durch Foto-Löschung:

NF: Gleisblockaden-Aktivistin verurteilt

Feldjäger und Polizei verhindern Bildberichterstattung anlässlich eines Gelöbnisses: https://husuma.nirgendwo.info/2010/11/18/933/

Polizei Schleswig schlägt Fotografen und behauptet, dass sei Widerstand: https://husuma.nirgendwo.info/2012/02/20/antimil-gleisblockade-polizei-sl-tritt-nach/

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