Husuma

17. Dezember 2006

Was soll Repression?

Normen bilden. Einsschüchtern. Handlungsunfähig machen.

Durch massives, gewaltsames und autoritäres Auftreten soll eine Einschüchterung erzielt werden. Angstmechanismen der Menschen werden wach gerufen. Angst vor Schmerzen, Angst vor finanziellen Konsequenzen oder Eintragungen im polizeilichen Führungszeugnis. Bei jedem Menschen existieren verschiedenste (meisten durch die Umwelt und die Gesellschaft erzeugte) Ängste, die durch Einschüchterung geweckt werden sollen.

Fehlverhalten wird bestraft, sanktioniert bzw. normgerechtes Verhalten gegebenenfalls gelobt. Dadurch wird via Lernprozess eine Norm gebildet, die weit über formale Regelwerke und deren Wirkung hinausgeht. Vorgesetze Regeln sollen nicht nur einfach eingehalten werden weil Repressionsorgane existieren, sondern auch so internalisiert werden, dass jegliche Abweichungen von der Norm gesellschaftlich sanktioniert wird, da es als fehlerhaftes Verhalten wahrgenommen wird.

Damit setzt Repression nicht erst dort an, wo Grenzüberschreitungen, Regelverstöße, usw. getätigt wurden, sondern wirkt schon auf die Handlungen und die Ansichten von Menschen ein. Wenn eine Norm erst einmal verinnerlicht ist (etwa dass Klauen per se etwas Schlechtes darstelle), dann richtet der Mensch seine Handlungen, Absichten auch nach dieser normierten Wertigkeit aus und bezieht viele Handlungsmöglichkeiten gar nicht mehr in Betracht.

Durch diese Selbstregulation sowie der Bedingung von vorhandenen Ängsten, als auch, des Schürens von Ängsten, werden Menschen immer weiter handlungsunfähig gemacht. Im Angesicht einer durch und durch normierten Gesellschaft in Verbindung mit einer stark legitimierten staatlichen Gewalt erscheint jegliche abweichende Handlung als eine sich selbst überwindende Aktion. Und das ist ja auch das Ziel von Repression: Menschen kämpfen nicht mehr nur gegen Staatsorgane, Institutionen, Regeln und Gesetze, sondern immer mehr mit sich selbst. Der Staat braucht gar nicht mehr großartig aktiv werden, denn jede Überlegung wird von Normen sowie möglichen Sanktionen geleitet. Die Repression wirkt schon im Denken und erzielt
äußerst große Erfolge in der Selbstbeschränkung der Menschen.

Auf welche Weise versucht Repression zu wirken?
Repression wirkt in verschiedenen Ebenen: Direkt: In Form von Polizei, Gerichten, Ämtern, Knästen, Geldbußverfahren, polizeiliches Führungszeugnis, anderen Zeugnissen, etc.

Symbolisch/diskursiv/normierend:
Ängste schüren, Normen setzen, Drohpotential aufrechterhalten, Unsicherheiten verstärken, etc.
Durch „“Lerneffekte“ Eigenunterdrückung in Gang bringen. Mittel dazu: Macht in Form von großen Ressourcen, öffentliche Legitimierung, institutionalisierte Verfahren, Ängste, Diskurse in der Öffentlichkeit,

Beispiele der Wirkung von Repression
a. 1. Klasse Abteil in Zügen
Auch wenn die Züge übervoll sind, bleibt ein Abteil fast komplett leer. Ein Abteil, in dem eine 10X10cm große Ziffer anders ist, als bei den anderen. Wieso machen das die Menschen? Wohl die wenigsten, weil sie denken, dass vielleicht noch reichere Menschen kommen könnten und sie diesen den Platz frei halten wollen. Eher, weil es die/der SchaffnerIn gibt, sowie im Hintergrund dann auch der Bundesgrenzschutz, ein Strafverfahren und vor allem die umstehenden Personen. Dabei bildet nicht der konkrete Situation die Basis der Entscheidungsüberlegungen, sondern vielmehr die im Kopf vorhandenen Denkmuster, Ängste und eine unglaubliche Unsicherheit. Dabei könnten alle sich in die 1.Klasse setzen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. 1. Klasse Fahrausweis bei der Kontrolle nicht vorzeigen zu können hat höchsten die Konsequenz einer Aufforderung in die 2. Klasse zugehen zur Folge. Im besten Fall ergibt sich noch über das absurde Szenario eines vollen Zuges und eines einzigen leeren Abteils eine Debatte, die ein wenig das stillschweigende Akzeptieren bricht. Niemand hätte eine Konsequenz zu befürchten und doch macht es niemand.

b. Nicht geschlechtskonforme Kleidung
Männer sieht mensch so gut wie nie mit Röcken, Blusen, Spagetttiträgerhemdchen, hohen Schuhen, Liedschatten, usw. herumlaufen. Frauen auch sehr selten in Anzug und Krawatte. Dabei wäre es doch ein leichtes einfach die anderen Klamotten mal anzuziehen.

Doch was hält die Menschen davon ab? Bestimmt nicht, dass Männer von Natur aus keine Lust haben, Röcke anzuziehen. Vielmehr eine gesellschaftliche und vor allem verinnerlichte Norm, welche die Menschen dazu veranlassen, sich selbst die Möglichkeiten zu nehmen von dieser Norm einfach abzuweichen. Doch nicht nur die Norm, sondern auch das korrigierende Verhalten der Umwelt trägt dazu bei, dass Ängste und hemmende Diskurse im Kopf ablaufen. Auch hier könnten leicht Grenzen überschritten werden, ohne dass schlimme Konsequenzen befürchtet werden müssten. Natürlich sollte mensch trotzdem mitdenken in welchem Umfeld die geschlechtskonforme Kleidung aufgesprengt wird, in sehr konservativen Kreisen oder bei Jugendlichen, die sich mit ihrem Geschlecht profilieren müssen, könnte es durchaus zu heftigeren Auseinandersetzungen kommen. Das kann allerdings auch einkalkuliert werden und für eine größere Thematisierung benutzt werden. Letztlich entscheidet, was für eine/n noch akzeptabel ist.

c. BGS Infrastruktur lahm legen
Obwohl viele Menschen klar haben, dass der BGS ausschließlich negative Funktionen und Auswirkungen hat (rassistische Kontrollen, Abschiebungen, Aufrechterhaltung eines Grenzregimes, Abschottung, legitimierte Gewalt gegen Menschen, usw.), wird von diesen Leuten nicht systematisch die BGS Infrastruktur zerstört. Warum? Repression in Form von Bedrohungsszenarios, Knast, Strafverfahren, unkontrollierte Auswirkungen vereiteln fast alle Aktivität. Eine Erweiterung zu Normen, deren Überschreitung oft keine ernste Konsequenzen nach sich ziehen, stellt die tatsächliche Bedrohung mit Strafvollzug, Geldstrafen und Freiheitsentzug dar. Jedoch ist es immer noch ein Gemisch aus Normen, Diskursen, die vorherrschen und tatsächlichen Bedrohungen durch Repressionsorgane.

Beidem kann auf unterschiedliche Weise begegnet werden. Normen haben viel mit Selbstbeschränkung und Überwindung zu tun. Bei polizeilichen Ermittlungen und Strafverfahren ist zwar auch wichtig nicht in normiertes Rollenverhalten zurück zu fallen und somit beispielsweise Autoritäten anzuerkennen, aber darüber hinaus sind auch Trainings zu Vorbereitung, Ablauf und Umgang mit Aktionen wichtig. Mit Übung, Tricks und einer professionelleren Herangehensweise kann das Risiko der strafrechtlichen Verfolgung ungemein reduziert werden.

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