Husuma

14. Juli 2009

Anarchie als Direktdemokratie

Cooles Cover (Werbeplakat: „Champagner der Spitzenklasse“ mit Graffiti „für alle“). Das wars aber auch schon: Das Buch trägt den Untertitel die Zeile: „Selbstverwaltung, Antistaatlichkeit“ und fordert ihm Text einfach nur Basisdemokratie. Dass Basisdemokratie immer noch ein Herrschaftssystem ist, in dem ein „Wir-alle“-Kollektiv serienmässig Entscheidungen, die für alle zu gelten haben, fällt, wird bereits im Vorwort wegdefiniert. „Demokratie ist ein Begriff, der aus dem Griechischen kommt, und übersetzt „Volksherrschaft“ heisst. Ich interpretiere dies als Selbstherrschaft des Volkes oder um den Begriff „Herrschaft“ zu vermeiden- als „Volksselbstbestimmung“. Herrschaft wird also einfach zu Selbstbestimmung, wenn mensch für diesen Zustand das Wort vermeidet… davon dass Völker scheiße und erfunden wurden, um ihn ihrem Namen die eigene Politik durchsetzen zu können, mal ganz zu schweigen!
Syndikat A Medienvertrieb ISBN 3-00-002097-7

Antwort vom Autor Ralf Burnicki auf die Rezension:
Einige Anmerkungen zur Besprechung von „kaputterturnschuh“ zum Buch: „ANARCHIE ALS DIREKTDEMOKRATIE“:

Was war denn das? Das ganze o.g. Buch handelt doch davon, dass niemand über irgendjemanden bestimmen darf und von der Ablehnung jeglicher Herrschaft. „Hierarchien … bedeuten Inhumanität“ (S. 53)!!
Dass hier der Begriff „Direktdemokratie“ zur Beschreibung anarchistischer Ziele verwendet wurde, hat nichts, aber auch gar nichts mit bürgerlichen Vorstellungen von „Demokratie“ (repräsentativ, mehrheitsdominiert, bestenfalls Plebiszite, Wahlorientierung statt Autonomie) gemein. Das Buch handelt von nichthierarchischen Perspektiven der Selbstorganisation aller Menschen. Was Strömungen im Anarchismus hierunter verstanden haben, wird ja reichlich
erläutert, insbesondere auch die horizontale Organisationsvorstellung, die besagt, dass niemand (auch kein/e Delegierte/r) irgendeine Entscheidung im Namen anderer fällen darf (S. 54 u.-56)!

Die Kurzrezension geht über den Inhalt des Buches sehr lässig hinweg.
Dass im Vorwort das Wort der „Demokratie“ bereits selbstkritisch auseinandergepflückt und im Wissen um die Herrschaftsgebundenheit der Sprache
nur als „Hilfskonstrukt“ benutzt wird, übergeht die ‚Besprechung‘ von
‚kaputterturnschuh‘ geflissentlich. Stattdessen nimmt der Verfasser/die
Verfasserin meine selbstkritischen Anmerkungen selbst als Steilvorlage, um das Buch in den Arsch zu treten (mögen die LeserInnen daher besser selbst
nachlesen, s. S. 9, 10 o.). In dem Buch steht klar: „Dabei zeigt aber gerade der
Begriff der ‚Demokratie‘ (etwa als ‚Volksherrschaft‘) auf, dass wir in dieser Zeit noch keine ‚echten‘ freiheitlichen Ziele formulieren können. Weil im Wort ‚Demokratie‘ … ‚Herrschaft‘ begrifflich mitgeschleppt wird“. Und so weiter. Den Begriff des „Demos“ („Volk“) habe ich in der nächsten Seite suspendiert und durch „Volx“ ersetzt (S.10 oben), weil mir dieser Begriff ein Greuel ist und ich
als Anarchist und Antifaschist Gegner von gesellschaftlichen Konstruktionen bin, die über Individuen hinausgreifen. Wer genauer hinsieht, findet den Begriff
des „Volks“ deshalb ständig (!) in Anführungszeichen gesetzt. Der Rezensent
hat auch das mal locker übersehen: wozu denn auch verstehen wollen, was mensch
schon verstanden glaubt.. Der Begriff der anarchistischen „Direktdemokratie“ (i.S.v. Selbstbestimmung ohne „Oben“) wurde schlicht deshalb gewählt, weil dieser Begriff am Ehesten imstande scheint, (Zitat) „zwischen den Bedingungen der Gegenwart und einer anarchistischen Zukunft vorstellungsmäßig zu vermitteln“ (S. 10). Bzw. um die folgende Frage zu beantworten: Wie erkläre ich meinem
Nachbarn, was „Anarchie“ ist? Tatsächlich finden ja politische Debatten oft auf der Folie des Begriffes der „Demokratie“ statt, daher benutzen auch die AnarchosyndikalistInnen der FAU den Begriff der „Direktdemokratie“, oder die GraswurzlerInnen den Begriff der „Basisdemokratie“, um sich in der Öffentlichkeit (die ja leider nicht nur aus AnarchistInnen besteht) verständlicher zu machen. Deutlich steht im Buch daher nachzulesen, dass der
Begriff der „Direktdemokratie“ nur vorläufig sei (S. 10).

Bei der Beschreibung von ‚kaputterturnschuh‘ hatte ich das deutliche Empfinden, dass hier ziemlich schnell geurteilt wurde (Begriffskritik), statt die Hauptaspekte des Buches (Beschreibung der diversen anarchistischen Ideen und praktischen Ansätze) aufzugreifen. Wirklich schade.

Mit solidarischen Grüßen
Ralf Burnicki

Mehr zum Streit, ob Anarchie und Basisidemokratie zusammen passen.

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