Husuma

24. März 2009

Spontandemon gegen Profiloberstufe


Aus großer Unzufriedenheit über die seit einem halben Jahr eingeführte Profiloberstufe, kam es am Dienstag den 24. März zu einem nordfrieslandweiten Schulstreik. Auch die 11ten, 10ten und 9ten Klassen der Herrmann-Tast-Schule und der Theodor-Storm-Schule nahmen daran teil und aus einem Streik entstand eine spontane Demonstration! An die 300 Schülerinnen und Schüler zogen unter lauten Rufen wie „Bildung statt Profiloberstufe“ und „Profiloberstufe ist für die Tonne“, in einem Demonstrationszug durch Husums Innenstadt.

Das Rathaus umrundend, wurde die Forderung „Rückkehr zum Kurssystem“ zu den sich öffnenden Fenstern, hinter denen sich erstaunte Gesichter zeigten, hinaufgerufen. Danach sammelten sich die Schüler/innen auf dem Marktplatz und in folgender Rede wurde die aktuelle Situation, die zu solch großem Unmut führt geschildert:

Verbesserte Allgemeinbildung, fächerübergreifender Unterricht – Dies waren die einzigen positiven Faktoren die uns die Profiloberstufe hätte bringen sollen! Zu Kosten von Spezialisierungsmöglichkeiten, und individueller Förderung!

Nach nun etwas mehr als einem halben Jahr Profiloberstufe, ist es an der Zeit die Erfolge und Misserfolge zu benennen.

Zuerst die Erfolge!! ……..

Nun ja, dann eben jetzt die Misserfolge!!

1.
Wir sind in unseren Wahlmöglichkeiten enorm eingeschränkt worden! An unserer Schule wurde fünf Profile angeboten. Sprachlich mit Profilfach Englisch, zwei naturwissenschaftliche mit Profilfach Bio bzw. Physik und zwei gesellschaftswissenschaftliche mit Profilfach Geschichte bzw. Erdkunde. Schade für all jene, die sich im Kurssystem für Leistungskurse wie Deutsch, Mathe, Französisch, Latein, Wipo, Chemie, Kunst, Musik oder Sport entschieden
hätten! Und schade auch für all jene – und es waren nicht wenige- die nicht einmal in das Profil ihrer Wahl gekommen sind, sondern raus gelost und in ein anderes gesteckt wurden!

2.
Überbelastung! 34-36 Wochenstunden, noch keine Aktivitäten wie Chor, Nawi-, Theater-,und SportAGs eingerechnet! Dazu zusätzlich Hausaufgaben in 14 verschiedenen Fächern, umfangreiche Facharbeiten, Referate, Klausurvorbereitungen.. So landet man im Schnitt schnell bei um die 50 Wochenstunden Zeitaufwand für die Schule! Fahrtzeiten sind noch nicht berücksichtigt worden! Morgens um sechs aufstehen, nachmittags um vier nach Hause kommen, und dann noch Hausaufgaben, Unterrichtsnachbereitung, Klausurvorbereitung.. Für Freizeitaktivitäten wie Sport, Musik oder Freunde treffen bleibt so gut wie keine Zeit mehr! Dadurch, dass wir solch eine Bandbreite an Fächern belegen müssen stehen wir unter einem enormen Leistungs -und Notendruck! Wir können uns keine schlechten Fächer mehr
erlauben, von uns wird erwartet, dass wir in allen Aufgabenbereichen mithalten!

Wie sollen wir uns bei noch steigender Wochenstundenzahl in 12 und 13 angemessen auf unser Abitur vorbereiten können? Nachts lernen? Die Zeit effektiver nutzen und in der Schule übernachten, wie das Gymnasium in Sankt-Peter-Ording es kürzlich als Zeichen des Protestes gegen die Überbelastung tat?!

3.
Wie sieht es denn nun konkret mit dem fächerübergreifenden Unterricht aus? Der Gedanke des Ministeriums ist, dass zwei Fächer ans Profilfach gebunden sind und in diesen Fächern gemeinsame Projekte durchgeführt werden oder ein Thema aus unterschiedlichen Bereichen betrachtet wird. Ein netter Gedanke! Könnte man zum Beispiel i n Deutsch ein Werk von Shakespeare lesen, in Englisch vergleichend Auszüge des Originals, in Geschichte und Wipo auf die Gesellschaftskritik und die damaligen Verhältnisse eingehen. In der Theorie sehr schön und löblich, aber in der Praxis kaum umsetzbar, denn erstens sind die Lehrer an ihre
Lehrpläne gebunden und zweitens und hauptsächlich, – wann sollen unsere Lehrer und Lehrerinnen solch große Projekte noch planen?! Sie sind jetzt schon einer extremeren Belastung ausgesetzt als zuvor! Größere Klassen heißt: Längeres korrigieren der Klausuren, Hausaufgaben etc. Haben unsere Lehrer/innen außerhalb der Unterrichtsvorbereitungszeit und anderen, mit Schule zusammenhängenden Verpflichtungen, noch Zeit und Energie sich zusammenzusetzten und einen interessanten fächerübergreifenden Unterricht zu entwerfen? Wohl kaum!

4.
Auch die vom Bildungsministerium gewünschte Binnendifferenzierung ist kaum umsetzbar!
Da alle Fächer im Klassenverband unterrichtet werden, ist das Leistungsniveau sehr unterschiedlich. Der größtenteils frontal erteilte Unterricht hat zur Folge, dass sich leistungsstärkere Schüler langweilen, während der Stoff für die Leistungsschwächeren häufig wiederholt werden muss. Binnendifferenzierung soll nun sein, dass die Schüle r/innen unterschiedlich schwere Arbeitsaufträge erhalten, damit jeder ausgelastet ist. Und wieder wurde übersehen, dass auch Lehrer sich nicht vierteilen können! Man stelle sich vor sie müssten jede Stunde doppelt vorbereiten!

5.
Verbesserte Allgemeinbildung klingt super! Aber Moment!- Wer hat geprüft ob diese nicht auch im Kurssystem gegeben war? Keiner! Und wer prüft ob diese jetzt gegeben ist? Ist es nicht vielmehr so, dass wir alle Themen einmal kurz ankratzten, einmal die Oberfläche berühren, ohne vertiefend etwas zu lernen und zu erkennen?

->Oberflächliche „Allgemeinbildung“ zu Kosten von Spezialisierung? Ist das politisch so gewollt? Und was ist eigentlich falsch daran ,sich in der Oberstufe zu spezialisieren? Tun wir das nicht spätestens im Studium? Oder hatte einer von euch etwa vor mehr als zwei Studienfächer zu belegen?! Ist es nicht wichtig, dass wir Menschen haben, deren Fähigkeiten früh erkannt und gefördert werden? Menschen die hervorragend in Physik sind, lasst sie Physik lernen und nicht Erdkunde! Menschen die hervorragend in Deutsch sind, lasst sie Deutsch lernen und nicht Informatik! Kein Mensch kann alles! Es ist gut,
wenn dieser Mensch trotzdem versucht ein bisschen von dem was er nicht so gut kann zu lernen, aber man muss das Maß halten! Und genau das hat das Bildungsministerium nicht getan! Das Maß ist voll!! Profiloberstufe ist für die Tonne!! Wir fordern die Abschaffung der Profiloberstufe und eine sofortige Rückkehr zum Kurssystem!! Für individuelle Förderung!! Für Freude am Lernen!! Für eine gute Bildung!! Für uns!!“

„Diese erste Demonstration war nur der Auftakt zu einer großen Protestwelle, sollte sich in der aktuellen Bildungspolitik nicht schnell etwas ändern“ sagte eine SchülerIn vor dem Husumer Rathaus.













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