Husuma

6. März 2008

Aktionen gegen unkritische Militärberichte beim sh:z


Um gegen die tendentiöse Berichterstattung des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags zu protestieren, besuchten am 6.3. FriedensaktivistInnen das sh:z-Büro in Flensburg. Sie verteilten Flugblätter an PassantInnen, spannten ein Transparent und veränderten die Türschilder. Dabei zeigte der sh:z, was dort von Meinungsfreiheit gehalten wird.


Der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (sh:z) gibt in vielen Orten Schleswig-Holsteins die einzige Lokalzeitung heraus. Durch diese Monopolstellung kommt dem sh:z eine besondere journalistische Verantwortung zu. Nun gibt es Streit um dessen Berichterstattung. FriedensaktivistInnen kritisieren: „Der sh:z wird seiner journalistischen Verantwortung nicht gerecht!“ Der sh:z missbrauche sein Meinungsmonopol für verklärende Positiv-Berichte über die weltweit kriegführende Bundeswehr.


Mit einem Mittwoch erschienenen Artikel versuche der sh:z die Aktivistin Poddig zu kriminalisieren, die im Februar einen Kriegszug blockierte, indem sie sich an die Gleise kettete. Dafür bekam sie den Rückgratpreis der Liebe-Lütje-Stiftung. Dieser Preis wird an Menschen verliehen, die durch ihren ungewöhnlichen Einsatz Courage und Rückgrat beweisen. Daraufhin titelte der shz: „Darf man dieser jungen Frau einen Preis verleihen?“ und behauptet, es gäbe Streit um die Verleihung. „Die Einzigen, die ein Problem mit der Preisverleihung an mich haben, sind die Redakteure des shz!“ so Poddig. Hier werde ganz deutlich, wie der shz Politik machen würde, und versuche, dieses Vorgehen als Journalismus zu tarnen.


Laut schleswig-holsteinischen Antimilitaristen kein Einzelfall: „Der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag betreibt systematisch PR-Arbeit für die Bundeswehr.“ So würde über Einheiten, die an Auslandseinsätzen teilnehmen, prinzipiell unkritisch berichtet. Auch der Umbau der Bundeswehr zur weltweiten Angriffsarmee werde lediglich als Reform dargestellt: „Der shz betreibt Kasernenhof-Journalismus!“
Der Schleswig-Holstein-Ressortleiter des sh:z Kluth dementierte jedoch, dass dass Vorgehen gegen Poddig eine politisch motivierte Kampagne sei. Es sei doch „höchst ungewöhnlich“, dass Preise an Straftäter vergeben würden. Des weiteren wies er die Vorwürfe, die Berichterstattung seiner Zeitung sei tendentiös und unkritisch zurück.

Mit Gewalt gegen Kritik
Bei der gestrigen Aktion versuchten drei AktivistInnen mit der Redaktion über ihre unseriöse Berichterstattung zu diskutieren. Die Redaktion weigerte sich jedoch. „Erst wurden wir vertröstet, und dann abgewimmelt!“ Daraufhin spannten die AktivistInnen ein Banner vor dem sh:z-Kundenzentrum in der Holmpassage und verteilten Flugblätter an die PassantInnen und Angestellten. Die MitarbeiterInnen riefen daraufhin den Sicherheitsdienst, der die AktivistInnen hinauswarf. Doch damit nicht genug. Auch außerhalb der Holmpassage war der sh.z nicht gewillt, freie Meinungsäußerungen zu zulassen. Laut den AktivistInnen attackierte ein Sicherheitsmann einen auf dem Straßenpflaster mit Kreide malenden Aktivisten, entwendete ihm sein Werkzeug und zerbrach es.


Verhaftet wegen „Freier Meinungsäußerung“
Daraufhin drohten drei weitere Angestellte mit Gewalt und riefen die Polizei. Auch diese liess sich für die Militärpropaganda des sh:z instrumentalisieren, und nahm die Kreide in Verwahrung. Ein Aktivist sagte dazu: „Dieses Vorgehen rechtswidrig, weil mir damit mein Recht auf freie Meinungsäußerung genommen wird. Außerdem wollten die Polizisten die Kreide erst stehlen, denn sich weigerten sich, ein Protokoll über den Vorgang anzufertigen!“ Erst nach Drohungen mit Anzeigen und Klagen seien sie dazu bereit gewesen. „Offensichtlich gilt das Recht auf freie Meinungsäußerung nur für Menschen mit genug Geld!“ Die Polizei wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern, die Geschäftsführung der Holmpassage entschuldigte sich telefonisch für den Vorfall und schickte am nächsten Tag per Post das Hausverbot an den anrufenden Redakteur. Vom sh:z in Flensburg war trotz Anfrage kein Kommentar zu bekommen.

Beispiele für die tendenziöse Berichterstattung über das deutsche Militär
Der shz: berichtet seit langem einseitig positiv über die Bundeswehr und deren Auslandseinsätze. Dabei geht das Spektrum von unkritischen Hurra-Berichten über lokale Truppen über einseitige Berichte über Auslandseinsätze bis zu falschen Berichten über FriedensaktivistInnen und Pressekampagnen gegen diese.

Das am häufigsten anzufindende Modell ist der Bericht über lokale Truppen. Zwei Beispiele:

Bericht vom 13.2.08 „Depot bald ohne Stab“
“ Depot bald ohne Stab “

Der Bericht berichtet über einen Komandowechsel in einem Bundeswehr-Depot. Dabei geht es viel um „technische“ Daten. Was die Soldaten dort tun, was sie unterstützen-Es bleibt unerwähnt. Es wird eine Idylle aufgemacht: „Wenn Piotrowski (der Kommandör) nun in dichter besiedeltes Gebiet wechsele, werde er vielleicht das friedliche, baumbestandene Depot-Areal sogar vermissen, mutmaßte er.“ Gegen Ende kippt der Artikel in offensichtliche PR, wenn der Feuerwehrhauptmann zitiert wird: „In Nordfriesland sind Soldaten immer gerne gesehen“ Das ist eine dreiste Lüge, gerade wenige Tage vorher fand am Depot eine Gleisblockade gegen die Bundeswehr statt.

Bericht vom 13.1.2008 „Luftwaffe probt Verlegung auf der Schiene”
“ Luftwaffe probt Verlegung auf Schiene “

Dieser Bericht beschreibt, dass die Flugabwehrraketengruppen 25 und 26 aus Husum und Stadum über das Depot Ohrstedt in ein Manöver verlegt werden. Das Brisante wird als lobenswert vermarktet: Die Einheiten üben dort für die Nato Response Force. Darauf wird nicht weiter eingegangen. Es wird lediglich lang und breit über die technischen Modalitäten dieser Verlegung berichtet. Dass die Nato Response Force eine weltweit einsetzbare Armee für westliche Rohstoffkriege ist, deren Einsatz u.a. im Irak erwogen wird, bleibt unerwähnt. Der Artikel schließt mit dem Zitat: „so macht die Arbeit Spaß“- Gnadenlose Imagewerbung für eine Instition, deren Hauptzweck dass Töten anderer Menschen ist.

Bericht vom 29.2.2008 “Immelmänner“ auf vier Kontinenten
“ Immelmänner auf vier Kontinenten “

Der Artikel berichtet über die Tornado-Aufklärer, die in Jagel stationiert sind. Diese nehmen aktuell an einem Manöver in Südafrika teil. „Ein Manöver von herausgehobener Bedeutung für die Beziehungen zwischen unseren beiden Staaten“. Kein Wort darüber, das die Tornados die Vorbereitungen für Offensiven und Bombardements in Afghanistan übernehmen. Im Gegnteil: Der Afghanistankrieg wird ledig aus einer neutralistischen technischen Perspektive dargestellt, und damit verharmlost. Denn im Gegenteil zum shz machen die „Jagler“ schon klar, dass sie töten: „Dabei handelte es sich zum ersten Mal um eine aktive Beteiligung des Aufklärungsgeschwader 51 „Immelmann“ in einem Konflikt außerhalb der Bundesrepublik Deutschland“ (Die Lufwaffe über die Beteiligung der Tornados im Balkankrieg).

“ Zur Quellenangabe „

Ein Friedensaktivist dazu: „ Der Artikel ist eine einzige Akzeptanzbeschaffungsmassnahe für Krieg!“ Ressourtleiter Kluth hingegen weisst den Vorwurf einer unseriösen tendenziellen Berichterstattung von sich. Es stimme nicht, dass der shz postitv über die Bundeswehr und die Auslandseinsätze berichte.

Bericht vom 5.3.2008 “Darf man dieser jungen Frau einen Preis verleihen?“
“ Darf man dieser Frau einen Preis verleihen? “
In dem Artikel skandalisiert der sh:z die Verleihung des „Rückgrat-Preises“ der Liebe-Lütje-Stiftung an Hanna Poddig, die einen Kriegstransport blockierte. In dem Artikel wird Hanna wegen des laufenden Ermittlungsverfahren in die nähe von StraftäterInnen gerückt, um sie zu diskreditieren. Verätersich daran ist, das der sh:z schreibt: „Nun gibt es Streit um die Nominierung:“, und den Stifter Host Lütje zu seinen Motiven befragt. Da eine Gegenrede nur von der Redaktion kommt, zeigt sich: Niemand außer den Redakteuren selber stört sich an der Preisverleihung. Auf Nachfrage verneint Ressourtleiter Kluth, dass es eine politisch motivierte Kampagne gegen Poddig gäbe. Es sei doch „höchst ungewöhnlich, dass eine dokumentierte Straftäterin“ einen Preis bekäme. Stimmt-Außer sie säße in Regierungen, Aufsichtsräten oder Parlamenten.

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