Husuma

4. August 2007

Beat them Back oder wie helfe ich dem Staatsschutz?


„Keine Zusammenarbeit mit Staat und Polizei!“ ist angeblich ein oft propagierter Grundkonsens der Antifaszene. Und genau diese Leute sehe ich jetzt beim Unterschriften sammeln für ein neues NPD-Repressionsverfahren mit dem Ziel eines Partei-Verbots. Doch heutigen Antifas scheint der Widerspruch gar nicht mehr aufzufallen. Ganz offen wird von angeblich emanzipatorischen Menschen mehr Repression durch den Staat eingefordert-und sie lassen sich auch noch vereinnahmen, so dass autoritäre Politik als „gut und wünschenswert“ legitimiert werden kann. Wie ist dies mit der Utopie einer herrschaftsfreien Welt vereinbar?

Offensichtlich ist dies eine Politik aus der Defensive, weil mensch sich ein eigenständiges Agieren mit einer Vermittlung der eigenen Ideen, Träume und Visionen nicht zutraut. Statt dessen wird versucht, den Staatsapparat zu instrumentalisieren, um das eigene Etappenziel zu erreichen. Das die Instrumentalisierung eher andersherum gelingen wird, zeigen leider viele Beispiele aus der Vergangenheit: Die Bannmeile, die „Gefährderansprachen“ und die Einschränkungen der Reisefreiheit für „Krawalltouristen“ wurden vom Parlament mit der Notwendigkeit im Kampf gegen Rechts begründet, von Linken bejubelt und mittlerweile gegen GlobalisierungskritikerInnen z.B. im G8-Kontext eingesetzt.

Auch mit den Parteiverboten ist es so eine Sache: Viele der das Verbotsverfahren unterstützenden Organisationen heulen andernorts über das ach so ungerechte, undemokratische KPD-Verbot 1953 rum. Mal ganz davon abgesehen, das sich die betreffenden Organisationen damit in ihrer Argumentation unglaubwürdig machen, offenbart es auch, worum es vielen wirklich geht: Um einen starken linken Staat, der die eigenen Ziele herrschaftsförmig umsetzt und GegnerInnen bei Bedarf bekämpft, verknackt, erschießt.

Und dies deckt sich leider mit Beobachtungen aus der Praxis: Antifa-Checker sichern mit der mystisch aufgeladenen Begründung der Konspirativität ihre eigenen überlegenden Handlungsmöglichkeiten, es herrschen absurde hierarchische Aufstiegsrituale, die die begünstigen, die ohne viele Fragen den Checkern in den Arsch kriechen, mackeriges Verhalten und Freude und Spass an Gewalt, wenn der bewaffnete Antifaschistische Volksturm über einzelne Nazis herfällt.

Dass Husums radikale Linke kein Problem mit Gewalt und Staatsgewalt hat, zeigt sich in vielen Aspekten:

-der Linkspartei geht es programmatisch um die Eroberung von Macht bei Wahlen, nicht um deren Abschaffung.

-Der Antifaszene ist es größtenteils egal, wenn Punks verknackt werden, und findet, dass Knast „denen mal ganz gut tun“ würde. Selbst als eine Person einen Strafbefehl wegen der angeblichen Zerstörung von NPD-Plakaten bekam, hielt die örtliche Antifa Solidarität nicht für notwendig.

-Die Geschäftsführerin des Speichers (Anmerkung 2011: Die Geschäftsführung hat mittlerweile gewechselt) drohte dem Solifonds wegen Verwendung eines Bildes mit Klage und konnte nur durch öffentlichen Druck davon abgehalten werden. Heute leugnet sie ihr Vorgehen, und behauptet, es habe das alles nie gegeben. weiterlesen

-Zudem arbeitet sie sehr eng mit dem Staatsschutz der KriPo zusammen und gibt Namen von angeblich „aktiven Antifas“ an diese Repressionsbehörde weiter.

-Der DGB-Bezirks-Chef Hartmann stört sich nicht daran, wenn ein Journalist von Rechtsextremisten verklagt wird, die versuchten, eine DGB-Veranstaltung zu stören.

Dabei wäre ein offensiver und kreativer Umgang mit den Nazis und autoritären Politikmodellen notwendiger den je. Denn ein Verbot der NPD wird höchstens den etablierten Parteien nutzen, die sich um ihre Stimmanteile keine Sorgen mehr machen müssen. Statt dessen kann die autoritäre Demokratie weiter ausgebaut und rechtes WählerInnenpotiental integriert werden. Und auch auf der Linken führt der gemeinsame Kampf und das gemeinsame Ziel zu einer Reintegration von kritischen Personen. Die Abschiebungen, Grenztoten und Kollateralschäden der demokratischen Kriege geraten dabei in Vergessenheit.

Ein Blick in die Vergangenheit ist trotzdem manchmal hilfreich. In den 1960ern war die NPD schon einmal in mehrere Länderparlamente eingezogen. Trotzdem versank die NPD darauf wieder für Jahrzehnte in der Bedeutungslosigkeit. Und ganz ohne Verbotsverfahren. Die Gründe dafür liegen in einem Zusammenwirken mehrerer Umstände: Damals gelang es Linken, StudentInnen, GewerkschaftlerInnen und für bessere Arbeitsbedingungen kämpfenden MigrantInnen mit einer offensiven Politik die politische Agenda positiv zu besetzen und damit die NPD zur Bedeutungslosigkeit zu verdammen. Das ginge auch heute wieder. Aber nicht mit einer Antifa, die Unterschriften für den großen Bruder Schäuble sammelt.

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